Aktuelles > Kopfeichenprojekt am Hetzles um 5 Jahre verlängert

Hetzles - 23.09.2015 Nach fünfjähriger Laufzeit (2010-2015) endete die erste Projektperiode „Kultur- und Naturlandschaft mit Kopfeichen am Hetzleser Berg“ im Juli dieses Jahres. Um die erfolgreiche Arbeit fortzusetzen, hat der Bayerische Naturschutzfonds das Projekt um fünf weitere Jahre verlängert. Mit einer Gesamtsumme von 275.450.-€ fördert der Bayerische Naturschutzfonds, aus Zweckerlösen der GlücksSpirale, die Weiterführung des Projektes „Kopfeichen am Hetzles“, erstmals überhaupt verlängert der Bayerische Naturschutzfonds ein Projekt weitere 5 Jahre.

Vor Übergabe des Förderschecks, vor einer imposanten Kopfeiche, überzeugten sich Ministerialdirektor Dr. Christian Barth (Amtschef des Umweltministeriums) und Georg Schlapp (Vorstand Bay. Naturschutzfonds) im Gelände von der bisher geleisteten Arbeit.
In seiner Begrüßung bedankte sich Claus Schwarzmann (1. Vorsitzender LPV FO) beim Bayerischen Naturschutzfonds für die großartige finanzielle Unterstützung.

Auch Landrat Dr. Hermann Ulm ließ es sich nicht nehmen und sprach seinen Dank an alle Beteiligten aus und hofft weiterhin auf gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. „Erfolgreicher Naturschutz ist kein Selbstläufer und erfordert viel Engagement und Überzeugungsarbeit.“


Bgm. Franz Schmidtlein (Hetzles) freut sich insbesondere auf weitere 5 Jahre gute Zusammenarbeit mit dem Projektmanager Dipl. Geograph Leo Anwander vom Landschaftspflegeverband Forchheim.

Bei der Übergabe des Förderschecks hob Dr. Christian Barth als Stv. Stiftungsratsvorsitzender des Naturschutzfonds die Besonderheiten des Projekts hervor: „Mit der Verlängerung der Förderung des Kopfeichenprojekts erkennen wir an, dass hier sehr gute Arbeit in Kooperation mit den Eigentümern geleistet worden ist. Wir machen damit aber auch deutlich, dass uns die Erhaltung der daran gebundenen Biologischen Vielfalt in einer attraktiven Erholungslandschaft sehr wichtig ist. Das Projekt ist ein anerkannter Baustein zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie.“

In den vergangen 5 Jahren konnte bereits die Pflege von rund 350 Kopfeichen, vielen Streuobstbeständen und Streuobstneupflanzungen rund um den Hetzles durchgeführt werden. In den nächsten 5 Jahren wird ein zusätzlicher Schwerpunkt auf die artenreichen Wiesen rund um den Hetzles gelegt. Durch geeignete Förderungen und Pflegemaßnahmen, zusammen mit den Landwirten, soll die Situation verbessert oder optimiert werden. Auch wird ein Spezialist für Nachtfalter das geheime Leben der Insekten genauer untersuchen. Nachtfalter gelten als gute Bioindikatoren und liefern wichtige Ergebnisse über den Zustand der Natur rund um die Kopfeichen.

Der Lebensraum „Kopfeiche“, mit seinen seltenen holzbewohnenden Käfern, wird so langfristig geschützt und der Strukturreichtum am Hetzleser Berg bleibt erhalten. Ein besonderer Dank geht an alle Flächeneigentümer und Landwirte die sich in den letzten Jahren an den Maßnahmen beteiligt haben. Nur durch deren Engagement und tatkräftige Arbeit ist die Umsetzung so eines Projektes realisierbar. „Es ist nicht selbstverständlich auf so viel Zuspruch und Rückhalt in der Bevölkerung setzen zu können“, so Projektmanager Leo Anwander. Weiterhin sind Landwirte und Flächeneigentümer von Kopfeichen und Streuobstwiesen, rund um den Hetzleser Berg, die Interesse an der Umsetzung von Pflegemaßnahmen haben, dazu aufgerufen sich bei Herrn Anwander zu melden.  


Foto: H.Thiem

von links nach rechts:Hermann Greif ( Kreisobmann Bayerischer Bauernverband und Bezirkspräsident von Oberfranken), Leo Anwander (Projektmanager), Dr. Hermann Ulm (Landrat Forchheim),
MD Dr. Christian Barth (Amtschef StMUV, Stv. Stiftungsratsvorsitzender Bayerischer Naturschutzfonds), Claus Schwarzmann (Vorsitzender Landschaftspflegeverband Forchheim), Franz Schmidtlein (Bgm. Hetzles),
Heinz Richter (Bgm. Neunkirchen a. Brand), Dr. Friedrich Oehme, Bund Naturschutz, Stv. Vorsitzender Landschaftspflegeverband Forchheim), Georg Schlapp (Vorsitzender Bayerischer Naturschutzfonds) 

Hintergrund:

In ganz Bayern, sogar bundesweit,  ist die alte Nutzungsform der Kopfeichen, ausgesprochen selten. Rund um den Hetzleser Berg im Landkreis Forchheim gibt es noch gut 1000 dieser mächtigen Bäume.

Die Eichenrinde der Äste, die früher regelmäßig am "Rumpf" zurück geschnitten wurden diente der Ledergerbung, das Holz als Brennstoff. Durch den Rückschnitt entstand die typische Kopfform. Die regelmäßige Nutzung wurde nach und nach aufgegeben, da chemische Gerbstoffe die Eichenrinde ersetzten. Zur Blütezeit der Textilindustrie im Regnitzgebiet mit Firmen wie Weber & Ott in Forchheim oder ErBa in Erlangen/Bamberg war der Bedarf an gegerbtem Leder hoch. Viele mechanische Verbindungen wie z. B. an Webstühlen wurden von Lederteilen gehalten, man rechnete eine halbe Rindshaut pro Monat pro Webstuhl. Dies zeigt auf warum sich die Nutzung von Kopfeichen im Gebiet um den Hetzleser Berg zentriert. 

Die zum Teil Jahrhunderte alten Bäume weisen hohe Totzholzanteile, Mulmhöhlen, Faulstellen und Höhlen auf, die für viele Insekten, aber auch höhlenbrütende Vogelarten und Fledermäuse Lebensraum bieten. Im morschen Holz leben zum Beispiel viele seltene Käfer, darunter EU-weit gefährdete Arten wie der Eremit, der Große Rosenkäfer oder der Hirschkäfer. Die Kopfeichen am Hetzleser Berg beherbergen die größte Eremitenpopulation in Bayern und 245 weitere xylobionte (holzbewohnende) Käferarten. Viele weitere Insekten- und Schmetterlingsarten nutzen die Eichen als Lebensraum, genauso wie Spechte, Siebenschläfer und zahlreichen weitere Vogel- und Tierarten.

Mehrere hundert Jahre alte Bäume im Waldbestand sind durch die Waldnutzung selten geworden und dadurch auch der Lebensraum der Fauna, die auf Altbäume und die oben genannten Strukturen angewiesen sind, deswegen sind die Kopfeichen, weil sie auch noch so gehäuft auftreten, ein wichtiger Landschaftsbestandteil und Habitatbaum.

Eines der Ziele des BayernNetzNaturprojektes, das vom Bayerischen Naturschutzfonds und der GlücksSpirale gefördert wird, ist deshalb der Erhalt der Kopfeichen als Zeugen einer alten Nutzungsform sowie als wichtigen Lebensraum für holzbewohnende Käfer.

Da die Austriebe im Lauf der Zeit immer schwerer werden, drohen die Bäume auseinander zu brechen. Ein turnusmäßiger Rückschnitt ist deshalb wichtig. Der Landschaftspflegeverband Forchheim will die Eigentümer der Bäume bei diesen Pflegemaßnahmen, die natürlich freiwillig sind, unterstützen.

Das BayernNetzNaturProjekt dient aber auch dem Erhalt der großartigen Kulturlandschaft am Westrand des Hetzles mit ihren Bächen, Streuobstwiesen, artenreichen Wiesen und Hecken. Für die Einheimischen soll so ein Teil ihrer Heimat bewahrt werden, für die Bewohner der nahen Großstädte soll die überaus reichstrukturierte Landschaft der Erholung dienen.

Das Alleinstellungsmerkmal dieses Gebietes in Deutschland gilt es besonders zu erwähnen, die Häufung vieler alter Kopfeichen in einem Gebiet in der direkten Vernetzung mit Hecken, Streuobstwiesen, blütenreichen Mähwiesen in einer kleinräumigen Landschaft, sind der ideale Lebensraum für eine vielfältige Fauna und Flora. Aber auch der kulturhistorische Aspekt ist nicht zu vernachlässigen, bildete doch die Nutzung der Kopfeichen die Basis für einen ganzen Industriezweig in der Region. 

Text: LPV Forchheim


Drucken  RSS 14:21:00 06.10.2015